Therapie

Erfolg durch interdisziplinäre Förderung

Die pädagogische Arbeit der Friedrich von Bodelschwingh Schule ist durch eine enge und konstante Verknüpfung von Unterricht und Therapie gekennzeichnet. Durch den Einsatz schulangestellter Therapeutinnen kann für den/die einzelne/n SchülerIn eine gezielte und ganzheitliche Förderung mit den Schwerpunkten Ergotherapie und Physiotherapie verwirklicht werden. Für die Therapien werden keine Rezepte benötigt.

Dabei steht eine vielseitige räumliche und materielle Ausstattung zur Verfügung:

  • 6 Therapieräume
  • Sporthalle
  • Aula mit absenkbarer Kletterwand
  • Schuleigenes Schwimmbad / Bewegungsbad
  • Snoezelraum
  • Raum mit Bällchenbad
  • Ton- und Matschraum
  • Handwerksraum
  • Pausenkiosk
  • Lehrküche
  • Hauswirtschaftsraum
  • Raum mit Klangbett
  • 2 PC Räume
  • Fuhrpark an Rollern und Dreirädern
  • Zahlreiche Spielgeräte im Außenbereich, z.B. eine Rollstuhlschaukel

Wir Physiotherapeutinnen kooperieren mit dem zuständigen Ärzteteam des Gesundheitsamtes, mit niedergelassenen Kinderärzten, Orthopäden, Kliniken und Hilfsmittelfirmen/Sanitätshäusern.

Unsere Arbeit orientiert sich überwiegend am Bobathkonzept und hat folgende Schwerpunkte:

  • Gemeinsam mit den SchülerInnen werden alltagsrelevante Bewegungsabläufe erarbeitet und in unterschiedliche Schulsituationen und Unterrichtsfächer eingebaut.
  • Wenn SchülerInnen Angebote für Sitz-, Steh- und Liegepositionen und besondere Esshilfen benötigen, werden hier gemeinsame Konzepte entwickelt, die in den Unterricht und den häuslichen Alltag gut integrierbar sind.
  • Bei Fragen die Hilfsmittel für die Schule und für den häuslichen Bereich betreffen, erhalten alle Beteiligten eine intensive multiprofessionelle Beratung und Unterstützung.
  • Wesentliche Teile der physiotherapeutischen kollegialen Beratung beziehen sich auf den Einsatz und Gebrauch von Hilfsmitteln, auf die konkrete Anleitung im Umgang mit einzelnen SchülerInnen, aber auch darauf, wie Fragen zu medizinisch-therapeutischen Hintergründen geklärt werden können.

Schwerpunkte und Inhalte unserer Arbeit:

  • Bobaththerapie
  • Psychomotorik

  • Therapeutisches Schwimmen

  • Therapeutisches Reiten

  • Hilfsmittelversorgung

Das Bobathkonzept

Das Konzept der Bobathbehandlung wurde vom Ehepaar Bobath in den 50er Jahren in London entwickelt.
Dr. Karel Bobath erarbeitete die theoretischen Grundlagen der physiotherapeutischen Behandlung von neurologisch erkrankten Kindern, zusammen mit seiner Frau Berta.

Den Bobaths war es wichtig nicht nur isoliert die Motorik des Patienten zu betrachten, sondern man bezog die Gesamtpersönlichkeit des behinderten Kindes in das Konzept und in die Therapie mit ein. Es ging darum ein „therapeutisches Milieu“ für den Behinderten zu erarbeiten, adäquate Reize anzubieten und eine konsequente Behandlung im Team (Arzt/Therapeut/Eltern, …) durchzuführen.

Der Schwerpunkt der krankengymnastischen Therapie basiert auf Muskeltonusregulierung (Muskelspannungsregulierung), sowie der Hemmung und/oder der Bahnung (Fascilitierung) abnormer Haltungs- und Bewegungsmuster. Die Bobaths machten die Erfahrung, dass sich durch die Plastizität (Umorganisationsfähigkeit) des Gehirns verlorengegangene Funktionen und Bewegungsabläufe – trotz einer Schädigung – wiedererlernen und durch gesunde Hirnregionen reaktivieren lassen.

Ein weiteres wichtiges therapeutisches Ziel ist es, sich einschleichende Deformitäten und Kontrakturen aufzuhalten, bzw. zu vermeiden. Zunächst entstand das „Bobath-Centre“ in London, 1960 fand bereits der erste Bobath-Kurs in Berlin statt. Inzwischen ist das Konzept weltweit verbreitet und wird bei Bewegungsstörungen unterschiedlichster Ursache auf neurophysiologisch und entwicklungsneurologischer Grundlage angewandt.

Psychomotorik

Der Begriff „psychomotorisch“ kennzeichnet die funktionelle Einheit psychischer und motorischer Vorgänge.  1960 wurde die erste Veröffentlichung unter dem Begriff „Psychomotorik“ aus der Arbeit von „Bewegung heilt. Psychomotorische Übungsbehandlung bei entwicklungsrückständigen Kindern“( Hünnekens/Kiphard) herausgegeben.
Hr. Hünnekens war Kinderpsychiater, Hr. Kiphard Dipl. Sportlehrer und Prof. für Sportpädagogik-. In der Psychomotorik (PM) steht als wesentliches Ausdrucksmittel die Bewegung im Vordergrund. Das Ziel ist, über Bewegungserlebnisse das Vertrauen in eigene Fähigkeiten (motorischer, koordinativer, sozialer, ….Art) zu stärken.

Erlebnisreiche- und orientierte Bewegungsangebote und Bewegungsspiele in der Psychomotorikgruppe wecken Neugierde, fördern und schulen die Wahrnehmungssinne, die Koordination und gehen auf die Bewegungsauffälligkeiten des Kindes ein. Viele unterschiedliche Materialien, Geräte und die räumliche Ausstattung (z.B. unterschiedliche Lichteffekte (hell/dunkel), Musik, …) sollen die Kinder ohne Leistungsdruck zur Aktivität motivieren. Die Übungsbehandlung sollte nach Möglichkeit in Gruppen stattfinden, da hier gemeinsame Bewegungserfahrungen erlebt und kommuniziert werden können.

 

Therapeutisches Schwimmen

Das Erlebnis des Schwimmens und der Bewegung im Wasser bietet für viele körperlich beeinträchtigte Kinder eine neue oder zusätzliche Lebensqualität und ist oft die einzig Gelegenheit sich schmerzfrei zu bewegen. Der Auftrieb im Wasser erleichtert Bewegungsabläufe und ist sehr gelenkschonend. 

Ziele des therapeutischen Schwimmens:

  • Entspannung
  • Förderung der Bewegungsfreude
  • Verbesserung aller Bewegungsmuster
  • Psychomotorisches Lernen
  • Erlernen der Schwimmfähigkeit
  • und vor allem Spass !!!

Hippotherapie

ist eine physiotherapeutische Behandlung auf neurophysiologischer Grundlage mit Hilfe eines Pferdes. Das Pferd dient als therapeutisches Medium durch Bewegungsübertragung in der Gangart Schritt. Über die Schulung des Rumpfes im Sitzen werden Haltungsreaktionen ausgelöst, Gleichgewichtsgefühl und Balance werden trainiert.  

  • Normalisierung des Muskeltonus
  • Hemmung pathologischer Bewegungsmuster
  • Förderung der sensomotorischen Wahrnehmung
  • Bannung von Stell-, Stütz- und Gleichgewichtsreaktionen
  • Stimulation der Rumpfkontrolle mit Aufrichtung
  • Symmetrie, Gleichgewicht und Koordination durch Anpassung an die Bewegung des Pferdes

Hilfsmittelversorgung

Die Voraussetzung für gute Lernerfolge in der Schule und gezielte Förderung ist bei körperlich beeinträchtigten Kindern eine gute Hilfsmittelversorgung. Heranwachsende Kinder und Jugendliche benötigen spezielle und andere Hilfsmittel als Erwachsene. Sie benutzen und belasten diese anders oder müssen ihre Möglichkeiten mit speziellen Unterstützungen erst kennenlernen. Eine regelmäßige und engmaschige Beratung und Kontrolle durch ein Team, bestehend aus Kind, Eltern, Physiotherapeut und Orthopädietechniker ist die Grundlage jeder guten Versorgung.

 

Wesentliches Merkmal der Ergotherapie ist die Handlungsorientierung in der Anbahnung und Entwicklung von verloren gegangenen oder nicht vorhandenen Fähigkeiten im Alltag und lebenspraktischen Bereichen.

In der Ergotherapie wird auf der Grundlage verschiedener Konzepte, wie der „sensorischen Integrationstherapie“ nach Jean Ayres, dem Ansatz der visuellen Förderung nach Marianne Frostig und der auditiven Wahrnehmung nach dem „Warnke-Verfahren“ gearbeitet. Die Förderung findet in Einzelsituationen statt.

Behandelt werden Schüler/Innen mit eingeschränkten Funktionen der Sensomotorik, der sensorischen Integration, der Wahrnehmungsfähigkeit und –verarbeitung, der visuellen und auditiven Wahrnehmung. Des Weiteren stehen die Handlungsplanung sowie deren neurophysiologischen Voraussetzungen, die für einen Lernerfolg im Lesen und Schreiben erforderlich sind, im Blickpunkt der Ergotherapie.

Nach einer differenzierten Befunderhebung können Bewegung (funktionelle Therapie: Förderung der Grob- und Feinmotorik, Koordination der gesamten Bewegungsabläufe, Graphomotorik), Spiel (Perzeptionstraining in den verschiedenen Wahrnehmungsbereichen), Verrichtungen des täglichen Lebens (Hilfestellung zur größtmöglichen Selbständigkeit, Hilfsmittelversorgung mit technischen Geräten: Talker und dynamische Kommunikationsgeräte) als  auch handwerkliche Tätigkeiten Inhalt der Behandlung sein.

Ziele der Ergotherapie

Die Ergotherapeutinnen haben sich zum Ziel gesetzt den/die SchülerIn in seine/ihrer Handlungsfähigkeit zu unterstützen, sodass er/sie seine/ihre größtmögliche Selbständigkeit entwickelt und anwenden kann. Dabei wird der/die SchülerIn in seiner/ihrer Gesamtpersönlichkeit wahrgenommen.

Spezifische Zielsetzungen sind:

  • Entwicklung und Lebensqualität des/der SchülerIn begleiten
  • Persönlichkeit des/der SchülerIn stärken
  • Freude an Bewegung vermitteln
  • Förderung von neurophysiologischen Bewegungs- und Handlungskompetenzen
  • Förderung vorhandener Fähigkeiten hinsichtlich der Anbahnung von Lernfähigkeiten
  • Anbahnung von graphomotorischen Bewegungsvoraussetzungen zum Schreiben
  • Unterstützung der psychosozialen Integration in den Schulalltag
  • Unterstützung bei der Informationsverarbeitung
  • Einrichten und Gestalten eines ergonomischen Arbeitsplatzes
  • Technische Schreibhilfen, PC mit individuell angepassten Ansteuerungen
  • Erarbeitung von Kommunikationshilfen für nicht sprechende Kinder, sog. „Unterstützte Kommunikation“ ggf. Kommunikationsbücher und Talkern
  • Respektvoller und menschenwürdiger Umgang mit schwerkranken SchülernInnen

Die ergotherapeutische Behandlung orientiert sich am jeweiligen Entwicklung- und Leistungsstand des/der SchülerIn, um Über- bzw. Unterforderung zu vermeiden. Alle in der Behandlung angebotenen Aktivitäten sollen für den/die SchülerIn von Bedeutung sein. Dem/Der SchülerIn wird ein Umfeld zur Verfügung gestellt, indem er/sie agieren kann und das Tempo mitbestimmt. Dabei verstehen wir uns als Begleiter im sich immer veränderten Prozess der Entwicklung des/der SchülerIn. Zur besseren Umsetzung der Therapieinhalte in der Schule und zu Hause arbeiten wir alltagsorientiert.

So kann Ergotherapie im Alltag aussehen:

Wir versuchen immer möglichst viele verschiedene Sinnesbereiche anzusprechen, z. B. indem der/die SchülerIn Rollbrett fährt, eine schiefe Ebene hinuntersaust, in einer Hängematte schaukelt, klettert um dort viele Körpererfahrungen zusammeln oder im Ton-Matschraum mit verschiedenen Materialien umzugehen lernt (Kleisterfarbe, Rasierschaum,Creme). Motivation ist das Schlüsselwort für eine erfolgreiche Einheit. SchülerInnen lernen und behalten Dinge, die ihnen Spaß  machen und sinnvoll erscheinen. So ist ein Rollbrett ein vielseitig einsetzbares Therapiegerät auf ihm kann der/die SchülerIn in verschiedenen Positionen durch den Therapieraum fahren und so spielerisch seine/ ihre Raumerfahrung, Haltung und  Motorik verbessern. Die Hängematte ist das klassische Mittel für die Vermittlung vestibulärer Reize in der „Sensorischen Integrationstherapie“. Hier werden Gleichgewichtsschulung und Erwerb von Tiefensensibilität kombiniert. Die SchülerInnen spüren sich dadurch besser und können sich selbst während des Alltags besser steuern. Aktive SchülerInnen werden etwas ruhiger, antriebsschwache SchülerInnen werden munterer. 

Sensorische Integration (SI) ist der Prozess des Ordnens und Verarbeitens sinnlicher Eindrücke (sensorischer Inputs). Dadurch kann das Gehirn eine brauchbare Körperreaktion und ebenso sinnvolle Wahrnehmungen, Gefühlsreaktionen und Gedanken erzeugen. Die sensorische Integration sortiert, ordnet und vereint alle sinnlichen Eindrücke des/der Schülers/Schülerin zu einer vollständigen und umfassenden Hirnfunktion. In dem Moment, wo die Hirnfunktion vollständig und ausgewogen abläuft, erreichen die Körperbewegungen ihr höchstes Maß an Anpassung. Dann ist Lernen eine relativ einfache Aufgabe, und richtiges Verhalten ein ganz natürlicher Zustand.

Der Schwerpunkt der SI-Therapie liegt auf der Vermittlung und Verarbeitung von vestibulären, propriozeptiven und taktilen Reizen.

Mit Unterstützung der Therapeutin erfährt der/die SchülerIn Erfolg und kann somit Selbstbewusstsein und Selbständigkeit entwickeln. Erfolge und eine spielerische Atmosphäre sind nötig, um eine Motivation zu erreichen. Daher ist die SI-Therapie stets in ein Spielthema eingebettet. Der/die SchülerIn lernt „spielend“ und die Erfolgserlebnisse, die er/sie dabei hat, bewirken eine hohe Motivation. Ein  motivierter, interessierter Schüler hat deutlich mehr Lernerfolge. Die Therapie ist dem individuellen Entwicklungsstand angepasst und richtet sich nach den Bedürfnissen des/der  Schülers/Schülerin.

Zur Ergotherapie gehört auch das Handwerk (Holz-, Peddigrohr-, Tonarbeiten und gestalterische Techniken). Hierbei steht nicht das Erlernen einer handwerklichen Tätigkeit im Vordergrund, sondern sie ist als ein Medium zu sehen, durch welches der/die SchülerIn gefördert wird. SchülerInnen lernen dadurch Arbeitsplatzgestaltung, Handlungsplanung, Zeiteinteilung und Arbeitsstruktur. Durch das handwerkliche Arbeiten in Kleingruppen werden hier besonders für SchülerInnen mit herausforderndem Verhalten Möglichkeiten geschaffen, das soziale Miteinander einzuüben. Frustrationstoleranz, Ausdauer, Konzentration und eine realitätsnahe Selbstwahrnehmung werden entwickelt. Durch das Arbeiten mit unterschiedlichsten Materialien wird die Wahrnehmung gefördert. „Nur wenn wahrgenommen wird, können sich die entsprechenden funktionellen Hirnareale ausbilden und entwickeln.“

Weiterer Bestandteil der Ergotherapie ist der Erwerb lebenspraktischer Tätigkeiten. Die Küche und der Hauswirtschaftsraum werden für das Training des täglichen Lebens genutzt. Hauswirtschaftliche Tätigkeiten und Dienstleistungen im Bereich Nahrungsmittel bieten vielfältige Möglichkeiten ergotherapeutische Ziele zu erreichen. Über besondere inhaltliche und organisatorische Maßnahmen unterstützen die Ergotherapeutinnen auch das Werkstufenprojekt. Hier spielt der handlungsorientierte Unterricht mit unterschiedlich ausgeprägten Real-Erfahrungsmöglichkeiten eine wichtige Rolle.  Die SchülerInnen werden aufgefordert entsprechend ihren individuellen Möglichkeiten, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten aus ihrer bisherigen Schulzeit in realitätsnahen Vorhaben (z.B. Pausenkiosk) anzuwenden und auszudifferenzieren. Sie erhalten dabei die Chance, sich auf unterschiedlichen Anforderungsniveaus zu erproben, persönliche Kompetenzprofile kennenzulernen und auf dieser Grundlage gezielte Entscheidungen über nachschulische Wege zu treffen. Hierzu gehört zudem das Training zur Verbesserung der Mobilität (Busfahrtraining etc.), der Selbstständigkeit, der Orientierung, der Zukunftsplanung (z.B. Wohnen, Freizeitgestaltung, Partnerschaft).